forschung & lehre 59 ) x o b r u o l o c : d l i b ( „ süßer die kassen nie klingen – ich kaufe, also bin ich?“ von gerhard raab dr. gerhard raab, professor für betriebswirtschaftslehre, insbesondere marketing und wirtschaftspsychologie, an der hochschule ludwigs- hafen am rhein, legt die siebte repräsentative studie zur kaufsucht in deutschland vor. wie aus dem kürzlich veröffentlich- ten „schuldneratlas 2016“ der credit- reform und pressemitteilungen zum fünften „armutsbericht“ der bundes- regierung hervorgeht, ist der anteil derer, die ihren zahlungsverpflich- tungen trotz guter wirtschaftlicher rahmenbedingungen nicht mehr nachkommen können, angestiegen. darüber hinaus steigern nicht nur festtägliche verführungen die „kauf- lust“. grundsätzlich wird der kon- sum auch durch die gruppe der zum „süchtigen“ kaufverhalten tendieren- den verbraucherinnen und verbrau- cher erhöht. der anteil dieser gruppe verharrt nach der aktuellen und re- präsentativen studie der hochschule ludwigshafen am rhein auf hohem niveau. dieses ergebnis liefert somit auch einen möglichen erklärungsan- satz zur steigenden überschuldung. der prozentsatz der personen, die ein „süchtiges“ kaufverhalten aufweisen, verharrt im vergleich zu 2011 mit 9,2 prozent und 2012 mit 11,5 prozent auf einem hohen niveau von 9,5 prozent in 2016. gleichzeitig steigt der anteil der personen, die ein kompensatori- sches kaufverhalten aufweisen, von 9,7 prozent in 2011 und 14,2 prozent in 2012 auf 14,6 prozent in 2016. als kompensatorische konsumenten be- zeichnet man menschen, die zwar nicht als „kaufsüchtig“ oder stark kaufsuchtgefährdet einzustufen sind, jedoch eine deutliche tendenz zur „kaufsucht“ aufweisen. viele die- ser konsumenten kaufen, um damit emotionale defizite auszugleichen und verlieren dabei die kontrolle über ihre konsumausgaben. während der gesamtanteil der vom süchtigen und kompensatorischen kaufverhalten betroffenen zwischen den jahren 2010 und 2011 mit 19 pro- zent konstant blieb, erhöhte sich die- ser anteil in 2012 auf 26 prozent und beträgt in 2016 24,1 prozent. „dies bedeutet, dass ein stabiler anteil von rund einem viertel der befrag- ten nicht nur zur bedarfsdeckung, sondern auch als ausgleich für emo- tionale probleme bis hin zum patho- logischen kaufzwang käufe tätigt“, erläutert studienleiter professor dr. gerhard raab von der hochschule ludwigshafen. betrachtet man ost- und west- deutschland, dann zeigt sich in der aktuellen studie ein gleich bleiben- der anteil der „kaufsüchtigen“ für westdeutschland von 9,8 prozent. in ostdeutschland hingegen ist im vergleich zu 2012 mit 19,0 prozent ein deutlicher rückgang auf 7,8 prozent im jahr 2016 zu verzeichnen. nachdem der anteil betroffener männer im jahr 2012 10,9 prozent betrug, ist dieser anteil in 2016 auf 6,5 prozent gesunken. der anteil be- troffener frauen ist im vergleich zu 2012 dagegen leicht von 12,1 prozent auf 12,3 prozent in 2016 angestiegen. der zusammenhang zwischen dem alter und einer tendenz zur „kauf- sucht“ ist im übrigen wie in den stu- dien 2011 und 2012 negativ. zum hintergrund: die erfassung des „süchtigen“ kauf- verhaltens beruht auf einem scree- ningverfahren. das eingesetzte screeningverfahren zur erfassung des kompensatorischen und „süch- tigen“ kaufverhaltens kann keine fundierte diagnose durch eine psy- chologin beziehungsweise einen psychologen oder eine psychiaterin beziehungsweise einen psychiater ersetzen. kriterien für die diagnose „kaufsucht“ sind unter anderem: ein unwiderstehliches verlangen, kaufen zu müssen, der verlust der selbstkon- trolle, die tendenz zur „dosissteige- rung“ und entzugserscheinungen.