Titelthema 17 SPEKTRUM: Seit wann sind Sie in Ludwigshafen an der Hochschule und in welchem Studiengang? D. Nekrasova: Ich bin am 3. März nach Deutschland ge- kommen. Das war mein 4. Semester an der Universität. Vom 9. bis 13. März besuchte ich einen Sprachkurs und Einführungsseminare. Das akademische Semester sollte am 16. März beginnen, für mich im Bachelorstudiengang Soziale Arbeit in der Maxstraße, aber dann wurden wir unter Quarantäne gestellt. Wie haben Sie Ihr Studium hier bisher erlebt? Leider konnte ich aus technischen und anderen Gründen nicht an Online-Vorlesungen teilnehmen. In der ersten Woche habe ich jedoch andere Austauschstudenten und einige deutsche Studierende an der Hochschule in Ludwigshafen kennengelernt. War es leicht, trotz der aktuellen Situation mit anderen Studierenden in Kontakt zu kommen? Es war für mich nie ein Problem, neue Leute kennenzu- lernen und mich an ein neues Leben anzupassen, aber in den ersten Tagen hatte ich Angst, Deutsch zu sprechen. Ich war unsicher in meinen Sprachkenntnissen, weil ich zum ersten Mal in Deutschland war und zum ersten Mal mit Muttersprachlern kommunizieren musste. Nach ein paar Tagen hatte ich mich aber eingewöhnt und versuchte, so viel wie möglich zu reden und fand bald viele Freunde. Zuerst, als alles unter Quarantäne gestellt wurde, gab es Angst und Verbote, sich mit anderen Stu- denten zu treffen, also unterhielten wir uns online. Mit der Zeit wuchsen die Möglichkeiten, und ich traf mich mit Studierenden aus Lettland, der Ukraine, Deutschland, Albanien und so weiter. Ich bin immer noch mit einigen von ihnen in Kontakt. Ihr Studienaufenthalt fiel mitten in die Corona-Pande- mie. Wie sind Sie damit umgegangen? Als ich gerade erfahren hatte, dass alle unter Quarantäne gestellt wurden und es keine Präsenz-Vorlesungen geben würde, war ich zunächst sehr verärgert. Aber aus irgend- einem Grund maß ich Corona nicht so große Bedeutung bei und dachte, dass die Pandemie schnell enden würde. Aber von Tag zu Tag wurde mir der Ernst der Lage immer bewusster. Da habe ich mich hingesetzt und gedacht: Du hast jetzt zwei Möglichkeiten – entweder traurig sein und über das Unglück nachgrübeln oder die Freizeit produktiv nutzen und die Situation zu den eigenen Gunsten wenden. Ich fing an, die Sprache weiter zu lernen und schrieb an die Hochschule, dass ich gerne noch ein Semester bleiben wollte. Jetzt bin ich froh, wie sich alles bei mir entwickelt hat. Für mich ist dies eine große Erfahrung und eine neue Etappe in meinem Leben. Welche Auswirkungen hatte Corona auf Ihr Leben hier? Ich kann feststellen, dass es für mich, wie für alle, jetzt seltsam ist, in ein Geschäft ohne Maske zu gehen, kein Antiseptikum zu verwenden oder keinen Abstand zu halten. Ich bin sicher, dass die Pandemie das tägliche Leben aller verändert hat, aber jetzt werden diese Regeln bereits zur Norm und man kann sich kaum vorstellen, dass es anders sein könnte. Außerdem hatte die Pandemie natürlich Einfluss auf die Dauer meines Aufenthalts in Deutschland. Wie oben erwähnt, hatte ich ursprüng- lich vor, ein Semester in Deutschland zu studieren, aber aufgrund der weltweiten Situation bleibe ich nun zwei Semester bis Januar 2021. Ich bin sehr froh, dass ich die Gelegenheit habe, länger hier zu bleiben. Was würden Sie Studierenden raten, die gerade selbst ein Auslandssemester planen? Im Ausland zu studieren, ist eine große Erfahrung, die ich allen ans Herz legen möchte. Damit eröffnen sich viele Möglichkeiten: von der Verbesserung der Sprache bis zum Treffen neuer Freunde und Bekannter. Und denje- nigen, die gerade schon in ein solches Semester machen, möchte ich raten: jeden Tag maximal nutzen, an allen Veranstaltungen teilnehmen und keine Angst vor neuen Bekanntschaften und Abenteuern haben! Wie geht es Ihrer Familie und Freunden in Russland momentan? Mit meinen Freunden und Eltern in Russland ist alles in Ordnung, sie fühlen sich großartig. Ich halte jeden Tag Kontakt mit ihnen und vermisse sie sehr. Wie geht es für Sie nun weiter? Mir geht es gut, ich mache gerade ein Praktikum im Inter- national Office an der Hochschule. Zu meinen Aufgaben gehören die Unterstützung beim Papierkram und die Vorbereitung von Dokumenten für neue Austauschstudie- rende. Letzte Woche war ich im Urlaub an schönen Orten in Österreich und Deutschland. Das war großartig! Ich bin dem Schicksal für diese Gelegenheit und den Menschen, denen ich bisher nahe gekommen bin, dankbar. Viel Erfolg weiterhin und alles Gute! Interview: Elena Wassmann ) t a v i r p : d l i B (