"Vielleicht ist die erste Kluft, die wir überwinden müssen, die Kluft zwischen Wissen und Verstehen!" – so lautete eine der Kernbotschaften von Jörg Alt in seinem Vortrag am Donnerstag, 28. November im Ernst-Bloch-Zentrum zum Thema "Wider die Kluft zwischen Reden und Handeln – Wieviel zivilen Ungehorsam braucht die sozial-ökologische Transformation?" Der Philosoph, Theologe, Soziologe und Aktivist arbeitet als Hochschulseelsorger in Nürnberg und am dortigen Ukama-Zentrum der Jesuiten für sozial-ökologische Transformation.
Er referierte auf Einladung der HWG Ludwigshafen und des Ernst-Bloch-Zentrums im Rahmen des zweiten Teils der im Oktober dieses Jahres gestarteten Veranstaltungsreihe "Soziale Fragen". Dabei beantworte Alt die Frage nach der Bedeutung zivilen Ungehorsams nicht bloß intellektuell, so Prof. Jörg Reitzig (HWG) in seiner Anmoderation, "sondern zuweilen höchst praktisch und mit dem eigenen Körper – etwa beim sogenannten Containern, also den Kampf gegen Lebensmittelverschwendung oder der Beteiligung an Klebeprotesten gegen den Klimawandel." Er sei daher ein Grenzgänger im positiven Sinne, der Verhältnisse nicht nur kritisch analysiere, sondern sich in seiner eigenen Lebenspraxis aktiv dazu verhalte, z.B. bei gemeinsamen Aktionen mit Fridays For Future, der Letzten Generation oder dem Bündnis Wir Transformieren Bayern. Erst vor wenigen Tagen bestätigte das Bayerische Oberste Landesgericht ein Urteil gegen Jörg Alt wegen Teilnahme an einer Straßenblockade, weshalb dieser sich aktuell darauf vorbereitet eine Ersatzfreiheitsstrafe anzutreten, von der er, wie er später erklärte, sich auch nicht durch Zahlung einer Geldbuße freikaufen wolle.
In seinen inhaltlichen Ausführungen ging Jörg Alt nicht nur auf die Dimensionen der Übernutzung natürlicher Ressourcen und das Überschreiten planetarer Tragfähigkeitsgrenzen ein, sondern kontrastierte diese zudem mit anderen Problemen der Welt, wie z.B. der Verteilungskrise, in deren Folge die Ungleichheit zwischen Menschen und Ländern wachse oder der Demokratiekrise und dem Einfluss weniger Dutzend Großkonzerne bei wachsendem Populismus. Die Wirklichkeit, so ließe sich sein Plädoyer vielleicht zusammenfassen, zwinge nicht nur zu konsequenteren Haltungen, sondern auch zu konsequenterem Handeln in Anbetracht drohender Kipppunkte im globalen Krisengeschehen.
Die anschließende Diskussion, die von Prof. Peter Rahn (HWG) moderiert wurde, verlief angeregt. Die zahlreichen Nachfragen und Kommentare aus dem Publikum bezogen sich ebenso auf seine Erfahrungen in der Konfrontation mit der Justiz und mögliche persönliche Risiken oder auf die Rolle der Kirchen und der Öffentlichkeit sowie auf seine Überlegungen, was die ältere von der jüngeren Generation lernen könne. Der Direktorin des Bloch-Zentrums Prof. Amodeo ist es zu verdanken, dass die Veranstaltung durch den Offenen-Kanal Ludwigshafen aufgezeichnet wurde und so auch für diejenigen, die nicht persönlich teilnehmen konnten, in Kürze auf dem Youtube-Kanal des Ernst-Bloch-Zentrums (www.youtube.com/@ernst-bloch-zentrum4321/videos) verfügbar sein wird.
Text & Fotos: Prof. Dr. Jörg Reitzig, HWG LU