Am 23. Januar ging es in der 50 PLUS-Vorlesung mit Prof. Dr. Hans-Ulrich Dallmann, Professor für Ethik und Migration im Fachbereich Sozial- und Gesundheitswesen, um das Thema „Angst vor dem Fremden“.
Vor ca. 95 Gästen referierte Dallmann über Repulsion und Attraktion, über Xenophobie und Exotismus – mit Impulsen von ET als dem Fremden – und somit Ungewöhnlichen, vom Tsunami – auch hier das Fremde, das Angst macht – oder im Gegensatz dazu blauer Himmel, Sandstrand und Meer: einfach ein Wohlfühlort.
Und Angst vor dem Fremden bei politischen Versammlungen in Nahost oder im Gegensatz dazu die Vorstellung eines Spaziergangs über einen Basar im sonnigen Urlaub.
Aufgeteilt hatte der Dozent seinen Vortrag in 4 Teile, in:
- Psychoanalytische Perspektive
- Vorurteile und Kategorisierung
- Fremdenfeindlichkeit in Deutschland
- Schlussfolgerungen
Bei der Psychoanalytischen Perspektive bringt es z.B. Julia Kristeva (französische Literaturtheoretikerin, Psychoanalytikerin, Schriftstellerin und Philosophin): „Der andere, das ist mein eigenes Unbewusstes“.
Die zentrale These hierfür: Die Wahrnehmung des Fremden als dem Nicht-Ich ist für die psychische Entwicklung konstitutiv.
Eine misslungene Bewältigung des Konflikts zwischen Ich und Nicht-Ich wären narzißtische Störungen – in der Form von Fremdenangst und Fremdenhass. Das verdrängte „fremde Eigene“ kehrt in der Projektion wieder als: unheimlich – bedrohend – ambivalent.
Dallmann führte noch weitere Zitate z.B. von Werner Bohleber, Andrea Hettlage-Varjas oder Robert Hettlage auf und konnte auf die ein oder andere Weise selbst Erlebtes beitragen.
Bei Vorurteilen und Kategorisierung gibt es homogene sowie inhomogene Gruppen.
Homogene Gruppen wären Freundeskreis, Familie – die Erinnerung abweichender Verhaltensweisen.
Inhomogene Großgruppen wie z.B. Nationen und ethnische Minderheiten – die Erinnerung der konsistenten Verhaltensweisen, Unterschiede als irrelevant zu vergessen.
Ein Zitat hierzu von Werner Bergmann (bis 2016 Professor der Soziologie am Zentrum für Antisemitismusforschung an der Technischen Universität Berlin. Er hat zahlreiche Publikationen zur Geschichte des Antisemitismus vorgelegt): „Wir gewinnen über ethnische Gruppen ein stärker typisiertes, undifferenziertes Bild, da wir zumeist nur abstrakte Informationen über die Gruppe als Ganzes speichern, die indirekt anhand prototypischer Mitglieder (der reiche Jude, der Scheinasylant) gewonnen werden. Es wird beim Fremdbild nicht nur stärker typisiert, sondern auch extremer.“
An einigen Schaubildern zeigte Dallmann Diagramme auf, anhand derer man etwas über den Verlauf der Fremdenfeindlichkeit in Deutschland erfahren konnte.
Am Ende der Vorlesung kam er zu den Schlussfolgerungen. So z.B. sei Fremdenfeindlichkeit kein individuelles, sondern ein soziales Problem:
- soziale Bedingungen können zur Entstehung beitragen und Einstellungen folgen Handlungen,
- nicht die Unterschiede wir/die anderen ist das Problem, sondern die Art und Weise ihrer Handhabung.
Und: Gruppendifferenz darf nicht zur Gruppenkonkurrenz werden. Denn letztlich geht es um die Verhinderung bzw. den Ausgleich von Konkurrenzsituationen – also um soziale Gerechtigkeit.
Wir bedanken uns für Ihr Interesse an der Vorlesungsreihe "Lebenslanges Lernen: 50 PLUS" und würden uns freuen, Sie im Sommersemester 2020 wieder an der Hochschule begrüßen zu dürfen.