Zum zweiten Mal haben sich rund 120 Fachleute aus der Weinbranche auf dem Weincampus Neustadt in der Aula des DLR Rheinpfalz getroffen, um über die Möglichkeiten, Grenzen, Chancen und Risiken der Digitalisierung zu diskutieren. Elf Betriebe aus der Weinbranche und Zulieferunternehmen stellten in Stand-Up Pitches ihre Digitalisierungsstrategien und Visionen vor. Dadurch wurde ein spannender Einblick in die Gegenwart und Zukunft von Weinbau 4.0 ermöglicht.
Die Digitalisierung in der Weinbranche bietet für die Zukunft viele Chancen, aber auch Risiken. Lohnt sich die Investition in neue Technologien und ist die Digitalisierung tatsächlich eine Entlastung oder eine zusätzlich Belastung für die Betriebe? Bereits im vergangenen Jahr fand ein konstruktiver Austausch der Teilnehmer des Digi-Wein-Forums statt. Auch in diesem Jahr wurde das einzigartige Forum in Neustadt intensiv genutzt, zu dem Vertreter aus der Weinbranche sowie aus den Bereichen Maschinenbau, Software-Entwicklung, Cloud-Technologie, Drohnen-, Sonden-und Sensorikhersteller, sowie Experten aus Forschung, Marketing und wichtige politische Vertreter zusammenkamen.
Die Diskussionen teilten sich in drei Abschnitte auf:
1. Digitalisierungsstrategien aus Sicht von Weinbranche und Zuliefererunternehmen
Insgesamt elf Betriebe aus der Weinbranche und Zulieferunternehmen haben in Stand-Up Pitches ihre Sichtweise zu den drei folgenden Fragen dargelegt:
- Welchen Nutzen sehen sie in der Digitalisierung für sich und für die Weinbranche?
- Wie sieht die Digitalisierungsstrategie ihres Unternehmens aus?
- Was erwarten sie von Digitalisierungsnetzwerken wie dem Digi-Wein-Forum?
2. Vorstellung der SmartWinery
„Heute fangen wir an, die Zukunft der Weinbranche neu zu schreiben“. Mit diesen Worten begann Studiengangsleiter Prof. Dr. Dominik Durner vom Weincampus die Vorstellung des Innovationsnetzwerks für Weinbau und Wein. Die SmartWinery vereint die Innovationstreiber aus Weinbranche, Zulieferunternehmen und Hochschule und kurbelt den Technologietransfer aus und in die Branche an. Neben der Lobbyarbeit für Innovationen in der gesamten Weinbranche sind die Aufgaben der SmartWinery Forschungs- und Entwicklungsthemen zu initiieren, projektübergreifend zu koordinieren und neue Geschäftsfelder zu erschließen.
3. Projektideen im Bereich der Digitalisierung
Lese, Transport und Verarbeitung der Trauben, energiewirtschaftliche Aspekte im Außenbetrieb sowie im Keller und innerbetriebliche Informations- und Belegflüsse sind für alle Weinbaubetriebe von außerordentlicher Relevanz für ihren Erfolg. In den genannten und vielen weiteren Bereichen der Weinerzeugung muss eine sorgfältige Planung vorausgehen, die Prozesse bedürfen einer akkuraten Steuerung und Kontrolle. Digitale Instrumente, die genau das unterstützen, sollen entwickelt und weiterentwickelt werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Weinbranche langfristig zu sichern.
Im Zentrum der Diskussionen standen der Wissenstransfer und die Vernetzung innerhalb der Branche. Zu diesem Thema konnte Stefanie Nauel aus dem Rheinland-Pfälzischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau wichtige Denkanstöße geben, die über die Innovations- und Transferstrategie des Landes informierte. Die Unterstützung ihres Ministeriums für die Smart Winery stellte sie außerdem in Aussicht.
„Digitalisierung ist Demokratisierung“, meinte Kilian Moser vom Start-Up Unternehmen Oculyze, die beispielsweise einen Zellzähler entwickelt haben und mit Cloud-Datensystemen arbeiten. Prof. Dominik Durner stimmte dieser These zu und hob hervor, dass die Weinbranche nur durch Zusammenarbeit stark bleiben könne. „Wir müssen uns vernetzen und gemeinsam an Innovationen arbeiten. Nur so können auch kleine Winzerbetriebe mit der Digitalisierung Schritt halten.“ Die SmartWinery biete eine ideale Plattform für diese Zusammenarbeit und eine stabile Basis für den Wissenstransfer aus der Forschung in die Praxis.
Am Ende der Diskussion stand der Konsens der Teilnehmer, bei allen weiteren Entwicklungsschritten offene Schnittstellen einzuplanen, die die unterschiedlichen Systeme miteinander verbinden und so einen einfacheren Datenaustausch über die Wertschöpfungskette hinweg ermöglichen können. Zu viele Medienbrüche erschweren bisher die Nutzung von erhobenen Daten. Dr. Matthias Nachtmann, Leader Digital Farming BASF, betonte zudem die Notwendigkeit, über verschiedene Fachbereiche hinweg den Austausch zu stärken. Der Weinbau könne zum Beispiel viel von den Erkenntnissen aus anderen landwirtschaftlichen Bereichen profitieren. Hier müsse eine Achse für den Wissenstransfer geschaffen werden.
Dominik Durner fasst schließlich zusammen: „Der Technologie-Transfer zwischen Entwicklern und Anwendern ist in unserer Branche eine der großen Herausforderungen der Zukunft. Die SmartWinery bildet die Keimzelle des Fortschritts und bietet die Möglichkeit zu branchen- und grenzübergreifendem Austausch.“
Das einmal jährlich stattfindende Digi-Wein-Forum wurde im Rahmen der Veranstaltung „Aus der Forschung für die Praxis“ durchgeführt, die gemeinsam vom DLR Rheinpfalz, dem Weincampus Neustadt, dem Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd e.V. sowie der LWK Rheinland-Pfalz ausgerichtet wurde.
Der Weincampus Neustadt ist eine wissenschaftliche Einrichtung der Hochschulen Ludwigshafen, Bingen und Kaiserslautern, die zusammen mit dem Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz und über 500 Ausbildungsbetrieben im In- und Ausland den Bachelor-Studiengang "Weinbau und Oenologie" sowie den Masterstudiengang "MBA Wine, Sustainability and Sales" durchführt.
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