Nicht wenige Alumni der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen verschlägt es zur SAP. Einer davon ist Clas Neumann (Jahrgang 1967), der es nach seinem Abschluss am Ostasieninstitut Mitte der 90er Jahre bis ins Top Management des Softwareriesen geschafft hat. Als Teil des Senior Executive Teams kann Clas Neumann heute auf eine 30-jährige erfolgreiche Karriere bei SAP zurückblicken. Viele Jahre davon hat er in den schnell wachsenden asiatischen Märkten verbracht, um die Organisation aufzubauen, mehr als 20 Jahre davon in Indien und China. Heute ist er Senior Vice President und Leiter des Global SAP Labs Network.
Bekannt für seine geschäftlichen Erfolge in Asien verkehrt Clas Neumann in hochrangigen Wirtschaftskreisen – unter anderem sitzt er der Deutschen Handelskammer Ostchina vor – und ist als Berater und Speaker geschätzt, zum Beispiel beim Weltwirtschaftsforum und an Spitzenuniversitäten. Darüber hinaus hat er mehrere Bücher und Artikel über Innovation und Geschäftspraxis in Schwellenländern (mit)verfasst. Mit seiner Familie lebt er in Shanghai, China.
Was fasziniert Sie so an Asien, Herr Neumann?
Clas Neumann: Asien ist im Grunde seit Jahrzehnten eine aufstrebende Region. Das geht einher mit einer großen Dynamik und einem Optimismus der Menschen, der ansteckend ist. Ich mag außerdem, dass die Asiaten überwiegend sehr technikaffin sind und gerne Neues ausprobieren. Hier bleibt man einfach nicht stehen!
Wurde der Grundstein dafür in Ihrem Studium am Ostasieninstitut der Hochschule Ludwigshafen gelegt?
In der Tat war das Studium “Marketing Ostasien (China)“ meine erste wirkliche Berührung mit Asien. Ich bin dann schon während des Studiums in allen Semesterferien mit dem Rucksack kreuz und quer durch Asien gereist von Indien bis Indonesien.
Was hat Sie damals bewogen, an der Hochschule in Ludwigshafen zu studieren?
Die Faszination etwas studieren zu können, das damals kaum jemand kannte, geschweige denn studierte. Der Studiengang war noch neu, es gab noch keine Absolventen, daher haben Reputation oder Berufschancen keine so große Rolle gespielt.
Woran erinnern Sie sich besonders, wenn Sie an Ihre Studienzeit zurückdenken?
Highlights waren die Besuche von interessanten Leuten aus Wirtschaft oder Politik bei uns im Studiengang. Da hat man viel mitgenommen. Es war vermutlich die Fakultät mit dem höchsten Praxisbezug und vielen spannenden Geschichten. Mit meiner damaligen Professorin für chinesisches Recht (Dr. Stricker-Kellerer) stehe ich heute noch in Kontakt. Und selbstverständlich werde ich das Jahr, das ich an der Yunnan University verbringen durfte, nie vergessen.
Am Ostasieninstitut haben Sie 1995 ein betriebswirtschaftliches Studium mit regionalem Fokus abgeschlossen. Wie kamen Sie dann zur IT?
Bei SAP wurde jemand gesucht, der mithelfen kann, unsere Software in China auf den Markt zu bringen. Es ging vor allem darum, welche betriebswirtschaftlichen Prozesse die Software beherrschen muss. Ich habe mich um diese Stelle beworben – Programmieren war damals mein Hobby, ich hatte mir drei Programmiersprachen als Autodidakt beigebracht. Zusammen mit der BWL-Ausbildung der FH LU und meinem China-Fokus im Studium hat es dann perfekt gepasst.
Wie müssen wir uns Ihren Alltag als Senior Vice President und Leiter des Global SAP Labs Network vorstellen?
„Alltag“ gibt es bei mir nicht. Ich kümmere mich um 21 SAP Labs, das sind die Software-Entwicklungsstandorte der SAP. SAP Labs gibt es auf fünf Kontinenten, in Asien machen wir Software in China, Indien, Japan, Südkorea und Singapore. Insgesamt beschäftigen wir etwa 40 Prozent der Softwareentwickler unserer Firma in Asien. In so einem großen Netzwerk „passiert“ immer etwas, gibt es große Herausforderungen zu managen, es gibt faszinierende neue Entwicklungen, aber auch Krisen zu bewältigen. Es ist ein super interessanter Job, der mich jeden Tag begeistert.
Welche Fähigkeiten aus Ihrem Studium kommen Ihnen dabei besonders zugute?
Das Studium ist die „Grundausbildung“, und die war sehr gut. Manchmal verhandle ich Verträge, da helfen ein paar Grundlagen im internationalen Rechtssystem. Oder es geht um Budgets, Steuern, die G&V Rechnung – da ist es schon gut, wenn man etwas mehr über diese Begriffe weiß, als sie nur buchstabieren zu können. Andere Dinge lernt man dann eher „on the Job“, wie zum Beispiel Strategieentwicklung oder Szenarien zu entwerfen.
Waren Sie seit Ihrem Abschluss noch mit Ihrer „alten“ Hochschule in Kontakt?
Ich hatte zum 20-jährigen Jubiläum des Studiengangs Marketing Ostasien die Alumni-Laudatio gehalten. Außerdem hat mich Prof. Manuel Vermeer ein paarmal in seine Vorlesung gebeten, um dort etwas aus der Praxis in China zu berichten.
Welchen Ratschlag würden Sie Studierenden von heute mit auf den Weg geben?
Lernen endet nie. Wir alle lernen immer weiter, natürlich „on the job“ aber auch in strukturierten zusätzlichen Ausbildungsgängen. Ich selbst habe zehn Jahre nach meinem Abschluss in Ludwigshafen noch einen MBA an der INSEAD Business School gemacht. Und weitere zehn Jahre später promoviert. Das habe ich nie bereut, und ich habe viel dabei gelernt.
Außerdem ist es wichtig, immer offen zu sein für Veränderungen, und auch mal etwas zu tun, außerhalb der sogenannten „Comfort Zone“. Als ich nach Indien ging, hatte ich genau einen Tag, das gemeinsam mit meiner Frau zu überlegen – und habe dann „ja“ gesagt. Einfacher wäre sicherlich gewesen zu sagen „Oh, wir haben gerade ein Haus in der Pfalz gebaut – wir können nicht weg“; aber wir haben verkauft und uns ins Abenteuer gestürzt. Am Ende waren wir zwölf Jahre dort, und ich habe einige meiner besten und faszinierendsten beruflichen Jahre dort verbracht.
Vielen Dank für das Gespräch!
Interview: Britta Käufer