Seminar
Imke Buß; Jutta Rump; Janina Kaiser; Melanie Schiedhelm; Petra Schorat-Waly
a) Beschreibung der Methode
Seminare an Hochschulen dienen der wissenschaftlichen Vertiefung und können zu beliebigen Themen des jeweiligen Fachgebiets angeboten werden. Im Gegensatz zur Vorlesung steht hier die Interaktivität zwischen Lehrenden und Seminarteilnehmenden und die gemeinsame Erarbeitung von Themen im Mittelpunkt. Methodisch werden in Seminaren häufig Übungen, Diskussionen oder Referate durch Studierende eingesetzt. Am Ende eines Seminars steht üblicherweise die Hausarbeit oder das Assignment.
Wozu ist es gut?
Das Ziel des Lehrformats Seminar ist die wissenschaftliche Vertiefung eines Fachgebiets und – in Kombination mit einer Hausarbeit – die Kompetenzentwicklung im Bereich des wissenschaftlichen Schreibens. Vor allem durch die kleinen Gruppen von bis zu 30 Personen kann intensiv gearbeitet werden. Jede/r Seminarteilnehmer/in kann individuell einbezogen und gefordert werden, da eine Beteiligung der Lernenden Teil des didaktischen Konzeptes ist.
Vorgehensweise
Die Vorgehensweise hängt davon ab, wie das Seminar gestaltet wird. Handelt es sich um ein Literaturseminar, lesen die Studierenden regelmäßig in Vorbereitung Texte und analysieren und diskutieren sie in der Präsenzveranstaltung. Lauten die Lernziele, dass Studierende Moderations- und Lehrerfahrung sammeln sollen, kann ihnen die Gestaltung einer Veranstaltungsstunde übertragen werden. In einer weiteren Ausprägung des Seminars werden die Studierenden stärker einbezogen, indem sie (ihre Hausarbeits-) Themen in Referaten aufarbeiten und so einen größeren Teil der Präsenzveranstaltungen füllen. In diesem Fall ist durch die Lehrenden darauf zu achten, dass der rote Faden über das Semester erkennbar bleibt. Die Lehrenden sollten die Studierenden bei der Vorbereitung der Referate intensiv unterstützen, um eine hohe Qualität der Impulse durch die Studierenden zu erreichen.
Gruppengröße
Kleine Gruppen bis maximal 30 Teilnehmern. So lassen sich bei entsprechender Moderationskompetenz und Aufgabenstellung alle Teilnehmenden effektiv in Diskussionen und Übungen mit einbeziehen.
Zeitaufwand
Vorbereitung des Seminarinhalts, ggf. eine Präsentation, Übungstexte, Fallbeispiele oder Diskussionsleitfaden. Der Zeitaufwand entsteht im Vergleich zur Vorlesung stärker durch die Vorbereitung guter Aufgabenstellungen und die Betreuung der Studierenden.
Raumausstattung
Kleinere Räume mit Beamer. U-förmige Bestuhlung erleichtert die Diskussion. Die Beweglichkeit der Studierenden sollte möglich sein, wenn Kleingruppenarbeit gefordert ist.
Material
Die Studierenden sollten Zugang zu seminarvorbereitenden Unterlagen (z.B. Literaturlisten, Pflichtlektüre) haben.
b) Wie fördert & fordert das Seminar die folgenden Diversitätsdimensionen?
Fachliche Vorerfahrungen & Vorwissen
In den i.d.R. kleineren Gruppen ist es möglich, auf Fragen und Erfahrungen der Studierenden einzugehen und damit ihr Vorwissen und ihre fachlichen Vorerfahrungen zu berücksichtigen. Bei Referats- oder Hausarbeitsbasierten Seminaren können Themen ggf. nach den Vorerfahrungen durch die Studierenden ausgewählt werden. Darüber hinaus haben die Lehrenden die Möglichkeit, mit Hilfe eines kurzen Seminarleitfadens den Lernstand innerhalb der Gruppe abzufragen, um dementsprechend die Kleingruppenbildung anzupassen. Durch Verweise auf Unterstützungsangebote zum wissenschaftlichen Arbeiten (z.B. Workshops „Wissenschaftliches Schreiben“, „Nacht der Hausarbeiten“, etc.) kann man den weniger erfahrenen Studierenden die Möglichkeiten für einen Kompetenzzuwachs aufzeigen.
Kernkompetenz selbständiges Arbeiten & Lernen
Das Seminar fordert und fördert eine mittlere Selbstlernkompetenz, da i.d.R. die eigenständige Erarbeitung von vorgegebenen Texten nötig ist. Die Anforderungen an die Selbststeuerung des Lernprozesses erhöhen sich, wenn in einem Seminar eine Hausarbeit eigenständig verfasst werden muss (siehe Prüfung: Hausarbeit). Eine Sprechstunde, in der ein Feedback zur Hausarbeit oder zum Referat persönlich gegeben wird, kann gleichzeitig dazu genutzt werden, das aktive selbstgesteuerte Lernen zu thematisieren und dessen Einfluss auf den Lernerfolg zu verdeutlichen.
Studienmotivation
In Bezug auf die Lernmotivation werden im Seminar beide Anreizsysteme angesprochen. Extrinsisch Motivierte bekommen ihre Anerkennung durch Bewertung der Präsentationen/ Referate und der Seminararbeit. Die Möglichkeit, sich Themen für Referate oder Seminararbeiten je nach Interesse und/oder Vorwissen aussuchen zu dürfen, spricht die intrinsische Motivation an. So können Studierende sich entsprechend ihrer Kompetenzen einbringen und ihre eigene Kompetenz erleben.
Akademische & soziale Integration
Unter der Voraussetzung, dass direkter Austausch mit Lehrenden und Feedback zu Referaten/ Hausarbeit gewährleistet sind, fördert das Seminar die akademische Integration. Die Interaktion unter den Studierenden, im Rahmen des Seminars durch die Arbeit in kleinen Lerngruppen, unterstützt die soziale Integration.
Zeitliche & örtliche Restriktionen
Die Teilnahme am Seminar bedeutet in der Regel, dass Studierende im Seminarraum der Hochschule an einem bestimmten Wochentag und zur festgelegten Uhrzeit anwesend sind. Nichtdestotrotz ist es oft möglich, stattdessen Blockseminare anzubieten, um allen, die zeitlichen/ örtlichen Restriktionen unterliegen, entgegen zu kommen. Weitere, für diese Studierenden sehr vorteilhafte, Arbeits- und Kommunikationsformen sind digitaler Austausch und virtuelle Zusammenarbeit.
Literatur
Baumann, K. (2007): Freiheit, Gleichheit, Lehre. Seminare narrativ gestalten. In: B. Berendt, H.-P. Voss und J. Wildt (Hg.): Das Neue Handbuch Hochschullehre, E 3.5. 2. Aufl. Bonn: Raabe-Verlag.
Marks, F. (2001): Motivierung von Studierenden im seminaristischen Unterricht. In: Brigitte Berendt, Hans-Peter Voss und Johannes Wildt (Hg.): Das NEUE Handbuch Hochschullehre. 2. Aufl. Bonn: Raabe-Verlag (E 3.1).
Zitation
Buß, Imke; Rump, Jutta; Kaiser, Janina; Schiedhelm, Melanie; Schorat-Waly, Petra (2017): Seminar. In: Rump, Jutta; Buß, Imke; Kaiser, Janina; Schiedhelm, Melanie; Schorat-Waly, Petra: Toolbox für gute Lehre in einer diversen Studierendenschaft. Arbeitspapiere der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen, Nr. 6. www.hwg-lu.de/arbeitspapiere
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