HAITI-Übung
Imke Buß; Jutta Rump; Janina Kaiser; Melanie Schiedhelm; Petra Schorat-Waly
a) Beschreibung der Methode (gekürzte Fassung)
HAITI heißt in etwa „im Hörsaal, dann Arbeit im Team und dann wieder im Hörsaal“.
Durch die Organisation in Kleingruppen werden die Studierenden beim Arbeiten und Lernen unterstützt. Die Studierenden unterstützen sich in den Kleingruppen gegenseitig und können so individuelle Stärken und Herausforderungen ausgleichen. Die Dozierenden konzentrieren sich in der Übung auf das, was die überwiegende Mehrheit nicht lösen konnte. Dadurch haben sie mehr Zeit für Diskussionen und Erläuterungen und können so alle Studierenden optimal fördern. Die Prüfungsleistungen können dadurch verbessert werden.
Wozu ist es gut?
In erster Linie dienen die HAITI-Übungen einer sinnvollen Steuerung des Verhältnisses zwischen Präsenz- und Selbstlernzeit. Mithilfe dieser Methode werden die Studierenden angereizt, die Aufgaben regelmäßig selbständig zu bearbeiten. Dazu dient insbesondere die Rückmeldung über Schwierigkeiten von den Studierendengruppen an die Lehrenden. Wenn keine Rückmeldungen erfolgen, wird die Aufgabe nicht mehr in der Lehrveranstaltung bearbeitet.
Vorgehensweise (im Rahmen einer Präsenzveranstaltung)
In einer ersten Übungsstunde wird das Verfahren erklärt und eine Aufgabe zur Bearbeitung ausgegeben. Die Studierenden bilden Arbeitsgruppen, die einen wöchentlichen Treffpunkt vereinbaren. SprecherInnen der Arbeitsgruppen sind das Bindeglied zu den Dozierenden.
In den folgenden Tagen bearbeiten die Studierenden jeweils für sich zu Hause die angegebene Aufgabe.
Dann treffen sich die Arbeitsgruppen und bearbeiten die Aufgaben. Sie stellen fest, wo die Schwierigkeiten liegen und was sie nicht lösen können. Dies teilen sie den Dozierenden bis zu einem festgelegten Termin vor der nächsten Übung schriftlich mit. Die Dozierenden analysieren die eingegangenen Berichte und gestalten die nächste Übungsstunde entsprechend: Sie gehen besonders auf die genannten Schwierigkeiten ein. Am Schluss der Stunde wird die nächste Aufgabe ausgegeben.
Gruppengröße
Die Methode eignet sich für große Studierendengruppen. Eine Begrenzung der Gruppengröße ergibt sich nur durch den Zeitaufwand der Dozierenden für das Lesen der Rückmeldebogen.
Zeitaufwand
Neben dem Lesen der Rückmeldebögen und der Evaluation entsteht kein weiterer Zeitaufwand. Es ist im Vergleich mit einem Tutorensystem eher mit Zeiteinsparungen zu rechnen, weil nicht mehr alle Übungsaufgaben durchgenommen werden.
Raumausstattung
Keine besonderen Anforderungen
b) Wie fördert & fordert die HAITI-Übung die folgenden Diversitätsdimensionen?
Fachliche Vorerfahrungen & Vorwissen
Fachliche Vorerfahrungen und Vorwissen können durch die intensive Zusammenarbeit in der Lerngruppe berücksichtigt werden.
Kernkompetenz selbständiges Arbeiten & Lernen
Selbstständiges Arbeiten und Lernen wird durch die Anwendung dieser Methode erhöht. Mithilfe von Aufgaben lernen die Studierenden regelmäßig selbständig zu arbeiten und erhalten gleichzeitig die Möglichkeit für Austausch und Fragen. Der Lernprozess ist gut strukturiert und wird begleitet. Hierdurch wird auch die Entwicklung von Kompetenzen des selbstständigen Arbeitens unterstützt.
Studienmotivation
Studienmotivation wird in ihrer intrinsischen und extrinsischen Ausprägung unterstützt. Intrinsisch Motivierte erarbeiten sich Fach- und Methodenwissen und können Zusatzaufgaben wie Berichtserstattungen übernehmen. Die Aufgaben sollten realistisch lösbar und gleichzeitig aber herausfordernd sein. Extrinsisch motivierte Studierende bekommen Anerkennung durch Erfolg in der Gruppenarbeit und durch das Übernehmen von Zusatzfunktionen (z.B. GruppensprecherIn).
Akademische & soziale Integration
Die soziale Integration wird durch die Einbindung in die Arbeitsgruppe stark gefördert. Eine akademische Integration durch Lehrendenfeedback ist durch die eher einseitige „Meldung“ der Aspekte, die die Studierenden nicht lösen konnten, weniger stark gegeben. Da die akademische Integration auch die akademische Kompetenzentwicklung beinhaltet, wird dieser Aspekt jedoch durch die Fachdiskussionen in Gruppen und Lehrveranstaltungen gefördert.
Zeitliche & örtliche Restriktionen
Zeitliche und örtliche Restriktionen können durch eine flexible bzw. virtuelle Gestaltung der Arbeitsgruppen reduziert werden. Auch eine Lernplattform, die die Papierform der Arbeitsmaterialien ersetzt, kann eine bessere zeit- und ortunabhängige Ablaufsteuerung ermöglichen.
Literatur
Pfäffli, B. (2005): Lehre an Hochschulen. Eine Hochschuldidaktik für den Aufbau von Wissen und Kompetenzen. Bern, Stuttgart, Wien: Haupt Verlag.
Waldherr, F.; Walter, C. (2009): Ideen und Methoden für die Hochschullehre. Stuttgart: Schäffer-Poeschel-Verlag.
Zitation
Buß, Imke; Rump, Jutta; Kaiser, Janina; Schiedhelm, Melanie; Schorat-Waly, Petra (2017): HAITI-Übungen. In: Rump, Jutta; Buß, Imke; Kaiser, Janina; Schiedhelm, Melanie; Schorat-Waly, Petra: Toolbox für gute Lehre in einer diversen Studierendenschaft. Arbeitspapiere der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen, Nr. 6. www.hwg-lu.de/arbeitspapiere
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