40 FORSCHUNG & LEHRE Alter, Altern, Altersbilder Eine kritische Vergegenwärtigung von Karl-Heinz Sahmel S chon die Frage nach dem Anfang verweist auf Schwierigkeiten: Unmittelbar nach der Geburt beginnt das Altern. Allerdings wird von Gerontologen die Frage, wann denn die Le- bensphase „Alter“ beginnt, eher mit dem 55. Lebensjahr beantwortet. Willkürlich, wie jede Grenzziehung, aber vielleicht mit Blick auf wis- senschaftliche Erkenntnisse recht plausibel. In der Literatur wird folgende Einteilung des Alters vorgeschlagen: junges Alter 55–65 Jahre mittleres Alter 65–75 Jahre hohes Alter 75–85 Jahre sehr hohes Alter ab 85 Jahren. Unser Blick auf das Alter wird durch verschiede- ne Wissenschaften geprägt Da ist zunächst die Psychologie. Die psychischen und geistigen Dispositionen des Menschen – un- ser Denken, Fühlen, Wollen – verändern sich mit dem Alter. Hier ist allerdings vor Verallge- meinerungen zu warnen. Ursula Lehr, eine der bedeutendsten deutschen Altersforscherinnen, hat in ihrer Psychologie des Alterns ein sehr differenziertes Bild der Veränderungsprozesse vorgelegt. Während in früheren Jahrzehnten eine defizitorientierte Sichtweise in der Psychologie des Alterns dominiert hat, gibt es heute sehr viel- schichtige Sichtweisen. Psychologisch wird Altern heute eher als ein aktiver Prozess gesehen. Die Soziologie analysiert den Menschen als ein soziales und kulturelles Wesen und sieht Alter(n) als einen sozialen Prozess an. Insbesondere vier Faktoren werden dabei herausgestellt: Durch die höhere Lebenserwar- tung für alle wird das Alter länger. Feminisierung: Das Alter wird weiblicher. Die Singularisierung nimmt im Alter zu. Kulturelle Ausdifferenzierung: Das Alter wird bunter. In der Ökonomie finden wir einan- der deutlich widersprechende Ein- schätzungen. Zunächst gibt es seit vielen Jahren durch die faktische Senkung des Eintrittsalters in den Ruhestand eine „Entberuflichung“ des Alters. Durch stete Absenkung des Rentenzugangsalters tritt die Lebensphase „Alter“ für viele frü- her ein und ist länger geworden. Dies war auch verbunden mit dem Trend, ältere Arbeitnehmer mög- lichst frühzeitig aus dem Berufsle- ben herauszudrängen. Frühverren-Soziologie: Das Alter wird höher und weiblicher. (Quelle: DAK Gesundheit)